Heisse Zitrone bei Erkältung?

Heißes Vitamin C?

Wer kennt nicht den gutgemeinten Rat aus Großmutters Zeiten, bei Erkältungen eine heiße Zitrone mit Honig zu trinken? Möglichst heiß getrunken soll sie am besten wirken und helfen, die Erkältung zu überwinden. Der Stoff, der das Immunsystem unterstützt, ist das Vitamin C. In jeder Frucht sind ungefähr 50 mg Vitamin C enthalten. Doch dieses wasserlösliche Vitamin C ist hitzeempfindlich und damit vielleicht außerstande, gegen die Erkältung zu helfen? Laut der Wikipedia kein Problem, da “Vitamin C sich erst bei 190° Celsius zersetzt“. Dennoch besteht allgemeiner Konsens darüber, dass eine heiße Zitrone nicht mit kochendem Wasser, sondern mit maximal 60° heißem Wasser zubereitet werden sollte. Die Netzathleten, ein Sportler-Vermarktungsportal, weist daraufhin, dass dieser Prozess schon bei 40° C beginnt. Zusammengefasst: Vitamin C ist nützlich, ist hitzempfindlich, soll für das Genussritual mit Honig gesüsst werden. Der enthaltene Zucker konkuriert dann noch mit den verbliebenen Vitamin-Molekülen um die Aufnahme in die Körperzellen. Letztendlich also doch nur heißes Wasser?

Der Focus, die Netzathleten und auch die Wikipedia sind sich einig, dass die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Menge von 100 bis 150 mg Vitamin C pro Tag vollkommen ausreichend ist. Zwei oder drei Zitronen reichen schon, um diesen Bedarf zu decken, von Mangelvitamin kann keine Rede sein.

Demgegenüber stehen die Veröffentlichungen von Linus Pauling und Matthias Rath. Der eine vetritt Megadosen des Wunder-Vitamins seit den Siebziger Jahren, der andere deckt den Vitamin-C-Mangel als wahre Ursache der Herz-Kreislauferkrankungen auf und entwickelt synergistische Formulas mit erheblich höherem Vitamin-C-Anteil als die DGE empfiehlt. Doch wie sieht der Umgang mit diesem essentiellen Vitamin, d.h. nicht im eigenen Körper synthetisierbar, bei unseren nahen Verwandten aus, die ebenfalls ihr benötigtes Vitamin C nicht selber produzieren können, sondern wie wir Menschen mit der Nahrung aufnehme müssen? Hierzu hat die Authorin Patricia Mc Broom von der Berkeley Universität von Kalifornien eine interessante Studienbetrachtung über eine Ausarbeitung der Anthropologin Katharine Milton veröffentlicht. Milton beschreibt, dass die von ihr untersuchten vier Affenarten – Brüllaffe, Spinnenaffe, Cebusaffe und Tamarinaffe – in einem Naturreservat in Panama bei 15 Pfund Körpergewicht täglich 600 mg Vitamin C zu sich nehmen. Dies entspricht in absoluten Zahlen nicht nur dem Zehnfachen der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung empfohlenen Menge an Vitamin C für einen erwachsenen Menschen, sondern dieser Affe hat nur ein Zehntel des Körpergewichts des Menschen, wenn wir von 150 Pfund, also 75 Kilogramm, Durchschnittsgewicht eines Erwachsenen ausgehen wollen. Ist das eine zulässige Hochrechnung? Wie sieht das bei gewichtsmäßig vergleichbaren Primaten aus? Dr. Gifford Jones, ein kanadischer Arzt und Kolumnist, der in früheren Zeiten noch in Kontakt zu Linus Pauling stand, beschreibt in seiner Kolumne bei der Canada Free Press, dass Gorillas in der Wildnis jeden Tag 5000 mg Vitamin C und mehr zu sich nehmen. Warum soll das nicht auch für uns Menschen ein guter Richtwert sein? In der kanadischen Times Colonist erteilt Gifford Jones der angeblichen Häufung von Nierensteinen bei erhöhtem Vitamin-C-Verzehr eine klare Absage, ein solcher Zusammenhang sei nirgendwo dokumentiert. Die einzige Nebenwirkung könne eine Verdauungsbeschleunigung sein, was in manchen Fällen aber teilweise sogar gewünscht sein könnte.

Brüllaffe
Der Brüllaffe verzehrt täglich die zehnfache Menge Vitamin C eines Menschen und hat nur ein Zehntel des menschlichen Körpergewichts!

Das Deutsche Apotheken Netzwerk ist sich des Problems der heißen Zitrone bewusst und rät eher zum Verzehr von Kiwis und Sanddornsaft oder eben einfach auch zu Nahrungsergänzung, der Dampf der heißen Zitrone könne immerhin die Beschwerden der Schleimhäute lindern. Die deutsche QuiGong-Gesellschaft empfiehlt der fernöstlichen Ernährungslehre verpflichtet gegen das Kältegefühl einen indischen Gewürztee oder heißes Ingwerwasser. Für die tägliche Versorgung mit genügend Vitamin C gibt es praktikablere Lösungen. Wohl bekomms’!

https://www.apotheken.de/news/8318-viel-heisse-luft-um-die-heisse-zitrone

https://www.apotheken.de/impressum

https://www.focus.de/familie/wissenstest/niekapiert/darum-ist-vitamin-c-im-tee-nie-kapiert_id_1980423.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Hei%C3%9Fe_Zitrone

https://qigong-gesellschaft.de/dqgg-publik/maer-heissen-zitrone

https://www.berkeley.edu/news/media/releases/99legacy/5-18-1999.html

https://canadafreepress.com/article/vitamin-c-if-its-good-for-gorillas-why-not-us

https://www.timescolonist.com/life/health/the-doctor-game-why-humans-get-stones-but-gorillas-rarely-do-1.23315621

https://www.aliud.de/news/vitamin-c-und-der-krebs-hatte-linus-pauling-doch-recht

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